Die nachfolgend beschriebenen Studien entstanden im Auftrag des Bundesinstituts für Berufsbildung. Sie verfolgten das Ziel, frühe Projekte technologiegestützer Qualifizierung in verschiedenen Bereichen der Wirtschaft zu untersuchen, das Potenzial der unterschiedlichen Lerntechnologien abzuschätzen und zu ihrer Einführung auf breiter Basis beizutragen.
Lernen in Netzen
Innovation und Strukturelle Anpassung durch netzbasierte betriebliche Weiterbildung.
Lernen in
Netzen II.
Berlin 1999 (mit U. Timmler). Die Studie enthält drei Falluntersuchungen über
Projekte zum netzgestützten Lernen:
(1) KORP - Projekt der Deutschen Telekom AG zur bundesweiten Qualifizierung
von Mitarbeitern des Personalmanagements, bei dem das Unternehmensfernsehen
die Funktion eines Leitmediums erhält.
(2) Knowledge Management bei der SAP AG.
(3) akademie.de - internetbasierte Qualifizierung für KMU.
Lernen in Netzen I.
Berlin 1998 (mit U. Timmler). Die Studie enthält zwei Falluntersuchungen zur
internet- und videokonferenzgestützter Qualifizierung:
(1) Videokonferenzbasierte Schulung von Außendiensttechnikern bei einem mittelständischen
Unternehmen der DV-Branche
(2) Regionales Projekt eines Bildungsanbieters zur internet- und videokonferenzgestützten
Qualifizierung in KMU einer strukturschwachen Region.
Best Practice-Beispiele
für den Einsatz neuer Bildungs-technologien in der Berufsbildung.
Berlin 1998 (mit U.Timmler). Die Untersuchung war Teil einer EU-weiten Aktivität
mit dem Ziel, innovative und erfolgreiche Anwendungen der neuen Bildungstechnologien
zu ermitteln, Informationen darüber zu verbreiten und insgesamt den Einsatz
neuer Bildungtechnologien zu fördern. Die Studie enthält drei Falluntersuchungen
zu internet- und videokonferenzgestützter Qualifizierung in verschiedenen
Bereichen.
Leseprobe aus "Lernen in Netzen Knowledge Managment bei der SAP AG"
2.5.2 Kosten/Nutzen-Aspekte
Die tradionelle Fragestellung, inwieweit durch den Einsatz von Lern- und Informationstechnologien Kosteneinsparungen durch die Reduktion personellen Trainings möglich sei, steht – soweit erkennbar – für die SAP AG nicht im Vordergrund. Angesichts des hohen Schulungs- und Informationsbedarfs, wie er im Unternehmen selbst, insbesondere aber auch bei den Kunden und Partnern besteht, richtet sich die Aufmerksamkeit in besonderem Maße darauf, diese möglichst kostengünstig mit Schulungs- und Informationsmaterialien zu versorgen und zu verhindern, daß an vielen Stellen unnötiger Parallelaufwand betrieben wird. So ist es keineswegs notwendig, daß jeder Trainer seine eigenen Foliensätze entwickelt. Ca. 50 000 “SAP-Berater” müssen mit Wissen versorgt werden. Die Bemühung um Kosteneinsparung richtet sich insofern vor allem darauf, durch ein geeignetes Wissensmanagement die Versorgungskette für Information effektiv zu gestalten und den Informationsfluß zwischen dem Unternehmen und seinen Kunden kostengünstig zu organisieren. Es wird angestrebt, für alle Bereiche einen möglichst hohen Anteil von Standard-Material bereitzustellen. Dem Grundgedanken von Wissensmanagement entsprechend kann dies durchaus in weltweit verteilter Autorenschaft entwickelt werden. Dabei kann eine hohe Effizienz durch Entwicklung und Einsatz geeigneter Tools erreicht werden. Weitere Einsparungen lassen sich durch die konsequente Wiederverwendung bereits vorhandener Wissensobjekte erzielen. Anzumerken ist, daß eine solche Vorgehensweise auch die Gefahr der Uniformität in sich birgt. Die Wiederverwertung immer der gleichen Wissensobjekte (z.B. Grafiken, Texte, Foliensätze) wird langweilig. Insgesamt wird deutlich, daß die Kostenproblematik nicht so sehr im Vordergrund steht. Wissensmanagement dient primär dazu, Trainingsmaterialien und Wissensobjekte effizient zu erstellen und zu verteilen, um so dem hohen Bedarf zu entsprechen und dem Innovationstempo folgen zu können.
2.6 Zusammenfassung und Bewertung
Die SAP AG kann jenseits von Details als innovatives Goßunternehmen mit weltweiter Präsenz und hohen Wachstumsraten charakterisiert werden. Netzbasierte Information und netzgestütztes Lernen sind dabei wichtige, wahrscheinlich sogar kritische Erfolgsfaktoren, die dem Unternehmen die Inovationskraft und Anpassungsfähigkeit sichern. Die gezielte und effiziente Organisation von Information und Kommunikation im Netz erfolgt über ein Bündel von Maßnahmen, die sich in ihrer Gesamtheit als Wissensmanagement-System darstellen. Im Einzelnen ist die bei der SAP AG vorgefundene Situation durch folgende Besonderheiten gekennzeichnet: Schulung und Information ist integrierter Bestandteil der laufenden Geschäftstätigkeit. Sie erscheinen als beständiger Prozeß, ohne den die Innovationskraft, strukturelle Anpassung und damit Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens nicht gewährleistet ist. Sie dienen nicht nur der Qualifizierung der eigenen Mitarbeiter, sondern sind in überproportionalem Umfange Teil der Geschäftsbeziehung zum Kunden. So macht Schulung etwa 20 % des Implementierungsaufwandes für die Software-Produkte des Unternehmens aus. Explizite Schulung und informelles, arbeitsintegriertes Lernen durch im Netz bereitgestellte Wissensobjekte sind untrennbar miteinander verzahnt. Das Unternehmensnetz (im Sinne einer kompletten Netz- und Server-Infrastruktur einschließlich der darauf bereitgestellten Hilfsmittel und Inhaltsstrukturen) wird zum zentralen Arbeitsmittel, Informations- und Lernsystem. Auffällig werden diese Besonderheiten erst im Vergleich zu anderen Unternehmenstypen: Unternehmen der Konsumgüterindustrie schulen lediglich die eigenen Mitarbeiter bzw. die von Partnern (Beispiel Automobilindustrie). Im Geschäftskunden-Bereich (Business-to-Business), etwa im Maschinen- und Anlagenbau, ist die Schulung von Kunden-Mitarbeitern sowie ein lauffender Support zwar üblich, hat aber keinesfalls den Umfang und die Regelmäßigkeit wie in der hochinnovativen Software-Branche. Die Betrachtung macht deutlich, daß eine hohe Innovationsgeschwindigkeit nur durch die permanente und integrierte Weiterqualifizierung der Mitarbeiter erreicht werden kann. Zum anderen ist der Geschäfterfolg – zumindest im B-to-B-Bereich – unmittelbar an die Schulung und Information der Kunden-Mitarbeiter gebunden. Damit stellt sich betriebliche Weiterbildung nicht mehr als eine lose Folge von Einzelmaßnahmen dar, die zu bestimmten “Qualifizierungsanlässen” durchgeführt werden. Sie wird vielmehr zu einem permanenten Prozeß, der Teil der laufenden Geschäftstätigkeit eines Unternehmens ist. Dies bedeutet einen Paradigmenwechsel: Mitarbeiterschulung und -information sowohl im eigenen Unternehmen wie auch bei Kunden wird nicht mehr als als notwendiges Übel, als unerfreulicher Kostenverursacher betrachtet. Es stellt sich vielmehr als selbstverständlicher Bestandteil der Unternehmensaktivität dar. Wissenstransfer zum Kunden dient zum einen dazu, die Funktionsfähigkeit der vertriebenen Produkte und damit den Erfolg sicherzustellen. Zum anderen entwickelt er sich als “Knowledge Product” zu einem wesentlichen Umsatzträger. Diese neue Qualität des Lernens als integrierter Prozeß der Geschäftstätigkeit wird erst möglich durch die extensive Nutzung eines leistungsfähigen Unternehmensnetzes. Dabei kommt der DV-gestützten Verwaltung der Inhalte sowie der Organisation der Kommunikation im Rahmen eines Wissensmanagment-Systems eine zentrale Bedeutung zu. Neben eine Reihe von traditionellen Formen der Wissenserschließung (Sachgliederung, Indizes, Nomenklatur), die weiterhin eine wichtige und keineswegs triviale Aufgabe darstellen, treten eine Reihe von netz- und DV-spezifischen Instrumenten (Suchmaschinen, Navigatoren, Hyperlinks, lernende und persönliche Assistenten, Dokumenten-Management-Systeme, Redaktionssysteme, Wizzards, Hilfesysteme). Diese stellen neben der universellen Verfügbarkeit von Wissensobjekten durch die elektronische Speicherung und Distribution die eigentlich neue Qualität im Umgang mit den intellektuellen Ressourcen einer Organisation dar. Zugleich ermöglichen sie neue Formen der Kommunikation, die – unter der Voraussetzung einer offenen Kommunikationskultur – den Wissenstransfer von Person zu Person wesentlich erleichtern. Die Fallstudie macht jenseits der verbreiteten Schlagworte im Detail erkennbar, daß sich in den innovationsstarken Großunternehmen (vor allem der Softwarebranche) ein technikgestützter Umgang mit Lern- und Informationsprozessen auf allen Ebenen von der expliziten Schulung bis hin zu informellem, arbeitsintegriertem Lernen entwickelt, der einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil darstellt. Die hierbei entwickelten Instrumente des Wissensmanagements können als Vorbild für Branchen mit mangelnder Innovations- und Anpassungsfähigkeitfähigkeit dienen. Es stellt sich ein Instrumentarium dar, das KMU über die sie unterstützenden Institionen (Kammern, Vereinigungen etc.) zugänglich gemacht werden muß. Mit dem Internet steht diesen ein universelles Netz zur Verfügung, das im Prinzip die gleichen Strukturen und Leistungmerkmale aufweist, wie entsprechende Unternehmensnetze, für deren Architektur es ja letztlich Vorbild war. Das im Netz vorhandene und erschlossene Wissenspotential gibt auch dem Einzelnen die Gelegenheit, sich über die begrenzten Möglichkeiten traditioneller Schulung hinaus durch informelle, arbeitsintegrierte Lernprozesse weiter zu qualifizieren. Dies setzt allerdings voraus, daß die Unternehmen ihren Mitarbeitern zeitlich und organisatorisch den Zugang zum Wissenssystem im Netz ermöglichen.